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Kategorie: Blog
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Heute ist es nicht mehr viel, was man für Geld nicht kaufen kann. Fast alles steht zum Verkauf. Man kann sich eine Gebärmutter für das geplante Kind kaufen. Für einige Tausend Euro oder US-Dollar sind Frauen in Indien bereit, den Embryo eines fremden Paares auszutragen. Ein Schnäppchen. Es wird zwar über eine bessere Regulierung diskutiert. Aber die Nachfrage ist da und die Gefahr besteht, dass die Leihmutterschaft in den Untergrund abtaucht.

 
 

Manchmal ist der Preis nur eine Verhandlungssache. Wie die Bezahlung für menschliche Versuchskaninchen in Arzneimittelstudien. Je stärker die physische und psychische Belastung ausfällt, desto höher die Bezahlung. Wir organisieren unsere Gesellschaft wie einen einzigen großen Markt.

Überall gibt es Preisschilder, auch dort, wo es bis vor wenigen Jahrzehnten noch keine gab. Auch da, wo wir deutlich spüren, dass sie dort nicht hingehören. Durch diesen Trend verändern sich auch die Dinge, die uns am Herzen liegen. Wenn wir etwas für Geld kaufen und verkaufen, dann ist alles nichts weiter ist als eine Ware. Aber nicht alles ist eine Ware. Es gibt auch Dinge, die kann man wirklich nicht kaufen. Wir können uns zum Beispiel ein Segelboot leisten, aber dass wir dort zur Ruhe kommen, davon steht nichts im Kaufvertrag. Wir können vorsorgen und sparen, um es uns im Alter gut gehen zu lassen – aber was, wenn Gott zu uns spricht, wie er es zu dem reichen Kornbauern gesprochen hat: „Du Narr, noch in dieser Nacht werde ich dein Leben von dir zurückfordern!“ (Lk 12,20).

Die Maxime heute: Zeit ist Geld. Wir rationalisieren unsere Tage und die Abläufe. Steigern unsere Effektivität und maximieren unsere Output-Orientierung. Wo bleibt das, nach dem wir uns zutiefst sehnen? Freude muss man doch auskosten! Ruhe muss man genießen – wenn man sie mal hat. Sie kommt nicht auf Knopfdruck, da muss man sich schon ein bisschen Zeit gönnen. Aber Zeit ist Geld – Willkommen im Hamsterrad! Weitere Ablenkung vom Wesentlichen: Mit jedem „Like“ in den „sozialen“ Medien ein Ausstoß von Glückshormonen pur. Jederzeit und überall verfügbar, 24 Stunden. Ständige Ablenkung durch Smartphones, Fernsehen und vieles mehr. Wenn das nicht genügt, ab zum Ballermann und Party rund um die Uhr. Und nicht nur in der Stadt, auch in den Wäldern – eigentlich ein Ort der Stille und Ruhe - auf dem Fahrrad: wummernde Musikboxen, kilometerweit zu hören. Parallel dazu ein nie abreißender Strom von Nachrichten, jederzeit präsent und verfügbar. Zeitgleich dazu schneller Austausch mit Kollegen, mit Freunden. 15 Minuten nichts tun, wer kann das noch? Irgendwann erschöpft, Ruhe suchen im Urlaub. Doch selbst am stillsten Ort ein unablässiger Gedanken- und Gefühlsstrom. Wirklich runterkommen kaum möglich. Ablenkung pur. Der Teufel spielt sein altes Spiel, voller Freude.

Ruhe, Zeit, Wertschätzung, gegenseitiger Austausch und Annahme – danach sehnen wir uns. Das kann man nicht mit Geld kaufen. Auf dem Markt ist das nicht zu haben. Das Glück hat kein Preisschild. Können wir noch still werden und unser Ohr neigen? Und hören, was Gott uns dazu sagt? Was hat uns Gott zu sagen? Ein Blick in die Bibel, Jesaja 55, 1 - 6. Eine Einladung zum Gnadenbund Gottes:

„Wohlan, alle die ihr durstig seid, kommt her zum Wasser! Und die ihr kein Geld habt, kommt her, kauft ohne Geld umsonst Wein und Milch. Warum zahlt ihr Geld für das, was kein Brot ist, und euren sauren Verdienst für das, was nicht satt macht? Hört doch auf mich, so werdet ihr Gutes essen und euch am Köstlichen laben. Neigt eure Ohren her und kommt zu mir! Hört, so werdet ihr Leben. Ich will mit euch einen ewigen Bund schließen, euch die beständigen Gnaden Davids zu geben. Siehe, ich habe ihn den Völkern zum Zeugen bestellt, zum Fürsten für sie und zum Gebieter. Siehe, du wirst Völker rufen, die du nicht kennst, und Völker, die dich nicht kennen, werden zu dir laufen um des Herren Willen, deines Gottes, und des Heiligen Israels, der dich herrlich gemacht hat. Suchet den Herrn, solange er zu finden ist; ruft ihn an, solange er nahe ist.“

Gottes Wort: Köstlich wie Brot und Wein, Milch und Honig? Wer einmal einen orientalischen Obst- und Gewürzmarkt besucht hat, dem zieht der Duft der Köstlichkeiten in die Nase: Die Sinne berauschen sich an den Obst- und Gewürzständen, an den Kräutern und dem frischgebackenen Brot. Wir sehen uns satt an den Farben und der Vielfalt. Es ist ein geschäftiges Treiben, die Händler bieten ihre Waren an. Durch die engen überdachten Gassen läuft der Wasserverkäufer, bietet frisches kaltes Wasser an. Wer das Wasser kauft und davon trinkt, dem befeuchtet es die ausgetrocknete Kehle. Die Händler werben:

Süße Datteln, reife Oliven, milder Honig, guter Wein!
Kauft, Leute, kauft! Beste Ware, erste Qualität!
Kaltgepresstes Öl, frische Schafsmilch,
Ziegenkäse, Fladenbrot, würziger Koriander, Safran,
Kümmel und Dill, alles hier bei mir! Kauft, Leute, kauft!

Auch Gott preist wie ein Händler seine Waren an: „Wohlan, auf, alle, die ihr durstig seid, kommt her zum Wasser! Und die ihr kein Geld habt, kommt her, kauft und esst! Kommt her und kauft ohne Geld und umsonst Wein und Milch!“, ruft Gott durch den Prophetenmund den Leuten zu. Doch: Was umsonst ist, ist nichts wert. Ein Händler muss kalkulieren, zu welchem Preis er seine Waren anbietet. Sind sie zu teuer, wird er seine Produkte nicht los. Bietet er seine Ware zu billig an, wird sie verramscht. Wird eine Ware gar umsonst angepriesen, so rennen wir entweder dorthin, um etwas abzustauben oder wir sind skeptisch und suchen nach dem Haken.

Gegen all das Marktschreien der Menschen: Gott hält Leben und Überfluss für uns bereit, sola gratia, allein aus Gnade. Die Sonderangebote, die Supermärkte machen, stillen unseren Hunger und Durst nach materiellen Gütern; doch meist wird unser Hunger und Durst nur für kurze Zeit gestillt.

Hingegen: Gott schenkt Leben und Segen. Gottes Angebot gilt allen Menschen.

„Warum zahlt ihr Geld für das, was kein Brot ist?“ Manche bezahlen für Nahrungsmittel, die nicht satt machen. Entweder bekommen sie nicht genügend Lebensmittel für ihr Geld oder es ist keine gute Ware und die Lebensmittel sind nicht nahrhaft. Das mutet modern an. Und: Kein Brot, das ist keine Lebensqualität. Kein Brot, das heißt: Hunger haben, gerade auch seelischen Hunger. Hunger nach Liebe und Anerkennung. Kein Brot, das heißt: Dinge kaufen, die unnütz sind, die den leiblichen und seelischen Durst und Hunger nicht stillen. So eine Lebensgestaltung geht in eine falsche Richtung. Menschen geben ihr Geld für Dinge aus, die nicht zum Leben und zum Heil führen.

„Warum zahlt ihr Geld, ohne Brot zu bekommen? Warum zahlt ihr euren Lohn, ohne satt zu werden?“ Menschen geben ihr Geld für Dinge aus, die nicht zum Leben und Heil führen. Jesaja bietet eine Alternative an. „Hört doch auf mich“, übermittelt Jesaja Gottes Wort, „so werdet ihr Gutes essen und euch an Köstlichem laben. Neigt eure Ohren her und kommt her zu mir! Hört, so werdet ihr leben.“ Drei Aufforderungen: Hört doch auf mich! Neigt eure Ohren! Kommt her! Wir brauchen nur zu hören. Auf was sollen wir hören? Auf Gottes Wort. Wohin sollen wir unser Ohr neigen? Zu Gott und seinem Wort. Wohin sollen wir kommen? Zu Gott und seinem Wort. Gott hält Leben und Überfluss für uns bereit, sola gratia, allein aus Gnade.

„Her, wer Durst hat! Kommt, Leute, kauft!“ Jesaja ist klug. Er gebärdet sich wie ein Marktschreier – und er packt er uns damit. Sein Angebot ist listig formuliert. „Kommt, Leute, kauft!“ – diese Sprache verstehen wir. Doch dann: „Zahlen braucht ihr nicht!“ – Was soll das für ein Geschäft sein? Kaufen ohne Geld? Erst mal das Kleingedruckte lesen. Aber es gibt kein Kleingedrucktes. Es gibt auch kein Preisschild. Es gibt dieses Angebot nur gratis. „Kommt, es kostet nichts!“ Mehr steht da nicht. Entweder ich lasse es mir schenken, das Leben, oder ich werde es nicht haben.

Gott will uns die Augen mit diesem Wort öffnen – damit wir unser Leben einmal von außen betrachten und unseren Lauf im Hamsterrad. Wir geben unser Geld für Brot aus, das nichts taugt. Und unseren sauer verdienten Lohn für Nahrung, die nicht satt macht. Wir schaffen und schaffen und bauen Häuser, aber wann nehmen wir uns die Zeit, darin auch zu leben? Wann habe ich das letzte Mal im Garten gesessen und einen ganzen langen Sommerabend gefüllt mit nichts weiter als Ruhe, einem leckeren Salat mit einem guten Glas Wein? Die Stille untermalt von dem Zirpen der Grillen

Hört doch auf mich! Gott will uns die Augen öffnen. Er will, dass wir verstehen: Entweder wir lassen es uns schenken, das Leben, oder wir werden es nicht haben. Mehr steht da nicht. Es gibt kein Preisschild. Es gibt kein Kleingedrucktes. Es gibt nur dieses Angebot – gratis. Entweder wir genießen, was Gott uns geschenkt hat, genießen diesen Augenblick – oder er ist vorbei. Nicht wie der Kornbauer: „Dann werde ich das Leben genießen.“ Sondern: Jetzt!  Diesen Augenblick.

Jesaja macht Lust auf die Gnadengaben Gottes. Gottes Gnade erweist sich an Leib und Seele. Er erinnert an den Bund, den Gott mit König David geschlossen hat. Ganz Israel ist in diesem Bund eingeschlossen. Die Gnadengaben Gottes sind nicht auf David und dem Volk Israel beschränkt geblieben, sie sind ausgeweitet auf alle Völker. Der Bund ist in Jesus Christus bekräftigt worden, durch ihn sind auch wir Christinnen und Christen in den Bund Gottes mit hineingestellt. Die ganze Fülle des Lebens hält Gott für uns bereit. Wenn wir auf seine Worte hören, finden wir das Leben. Was Gott für uns bereit hält, dient dem Leben.

Entweder wir lassen es uns schenken, das Leben, oder wir werden es nicht haben.

 Rüdiger Schaller, 16.06.2021

Autor des Buches: "In die Stille"

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