Wege zur inneren Freiheit

Vom Zauber des Loslassens und des Neubeginns

Zeiten des Wandels. Irgendwann im Leben, nach vielen gegangenen Wegen, manchmal auf schmalen und unwegsamen Pfaden, verdichten sich diese Wege zu einem Geschehen: Tiefgreifender Wandel beginnt. Nicht planbar, oft überraschend. Meist im Rückblick erst erkennbar, wozu die gegangenen Wege so unendlich wichtig waren. Sie haben mich bis hierhergeführt. Nun geht meine Lebensreise auf einer bewussteren Ebene weiter. Mit einem klaren Ziel, das ganz anderes ist, als es in vielen technischen Managementseminaren gelehrt wird. Leben aus tiefer innerer Verbundenheit mit dem Sein und: Innerlich Frei!

Prolog

Ein kurzer Blick zurück; im Nachgang zum ersten Erleben des Waldbadens (Blog: Waldbaden), immer noch zutiefst aufgewühlt. Fragen über Fragen und doch berührt von tiefer Wahrheit, stehe ich morgens in der frischen Luft des heranabrechenden Sommertages mitten im Wald; Fragen und Berührt sein – beides Zulassen.

Da stehe nun tief im Wald. Spüre den Boden unter meinen Füßen. Der Wind streift über mein Gesicht und die Hände. Noch kühlt er die Haut und erfrischt mich. Tief sauge ich den Duft des Waldes über mein Zwerchfell in meine Bronchien ein. Mein Bauch hebt und senkt sich dabei. Lausche dem Gesang der Vögel und genieße das Gluckern des fernen Baches. Das Sonnenlicht des Morgens bricht sich im Laub der Bäume. Wechselspiel von Licht und Schatten. Frieden umfängt mich, durchwebt mich. Halte stille Andacht. Verwurzelt mit den Füßen und dem Atem, der in den Boden strömt. Im Boden: Verbunden mit den tiefen Wurzeln der Bäume. Sie geben Halt. Es gibt nichts zu tun, nichts zu lassen. Eins sein; in Achtung, Respekt und Liebe ein Teil der unendlich schönen Natur sein. Ihre Weisheit in mich einströmen lassen. Bilder und Wahrnehmungen jenseits meines Verstandes auftauchen lassen. Sie wirken lassen, ohne Ergebnisse erzielen zu wollen. Die bewusste Verarbeitung, die kommt später.

Wohin, ja wohin geht nun die Lebensreise?

Lebensreise

Neuausrichtung ist angesagt. Dazu nochmals ein kurzer Blick zurück:

Was hat mich so tief berührt, vor nur ein paar Tagen; beim Waldbaden (siehe sep. Blogeintrag)? Ich bin innerlich immer noch aufgewühlt. Es war und ist für mich immer noch ein Mysterium – das hat nichts mit Mystizismus zu tun. Mystizismus verschleiert Klares. Es geht bei einem Mysterium um eine Art der Welt- und Selbstwahrnehmung, die noch vor der durch Begriffe geprägten Wahrnehmung kommt.

Zunächst: Wald, was bedeutet Wald für mich? Eine Kraftquelle zum Auftanken; immer wieder erlebt bei meinen so vielen Läufen durch die tiefen Wälder. Berührt von dem Erleben ging ich auf die Suche: Waldbaden: finde ich da zu meiner Heimat; verwurzelt im Sein und geborgen in der Welt? Wird das Waldbaden auch in meinem Heimartort angeboten? Wie kann ich mein Erleben in den Wäldern mit meiner spirituellen Suche nach dem Wesenskern meines Lebens verbinden?

Wald – ja und? Über mein Erleben bin ich seit Tagen zu tiefst bewegt auch skeptisch, hinterfragend. Mich anvertrauen an Führung durch Menschen, die schon einige Schritte gegangen sind, die mich glaubhaft lehren. Was erwartet mich da? Zum Teil bange - aber auch freudige - Erwartungen. Nach so vielen Jahren der Selbsterfahrung nun einen entscheidenden und wichtigen Schlüssel zu mir selbst in der Hand, in meiner Verantwortung zu haben. Selbstverantwortung übernehmen für mich und mein Leben im nächsten Schritt auf vertiefter Ebene steht an.

Im Wald
Kannst Dir selbst begegnen.
Du entdeckst die Fragen deines Lebens.
Und die Antworten,
die tief in deiner Seele vergraben sind.
In der Natur blickst du
in den
Spiegel deiner Seele 1)

Anke Jarzina

 Das Zitat1) bringt mein Erleben auf den Punkt. Dem ist nichts hinzuzufügen, nichts wegzulassen.

Tja, ich schlafe seit einigen Tagen nicht mehr wirklich, etwas wegnicken, dann wieder hellwach. Manchmal bis zum frühen Morgen. Doch tagsüber bin ich hellwach. Und finde dann wieder keinen erholsamen Schlaf. Es ist wie ein Zustand, der vor dem Übergang von einem Zustand in einen weiteren, höheren energetischen Zustand steht. Überheblich, abgehoben? Nein, die Erlebnisse waren zu heftig, zu real – und sie wirken auf einem neuen Fundament stabil weiter.

Welch eine tiefe Freude, welch ein Glückgefühl, welch eine Freiheit und Frieden durchweben mein Leben. Noch unfassbar - doch real.

Was ist passiert, was hat mich dazu gebracht? Eine Skizze, ohne alle Details aufzuführen – beim Nachahmen würde es in den meisten Fällen kontraproduktiv. Es geht um das eigene Erleben, nicht um vorgefertigtes und letztendlich erdachtes Erleben.

Geschenke

Das Geschenk Corona

Corona - ein Geschenk? Ja, der Verlauf war leicht. Doch Isolation musste sein, vor allem zum Schutz anderer. So aus dem Alltag der Abläufe in der Reha rausgenommen, auf mich allein gestellt. Der äußere Lebensraum eingeschränkt: Reha-Zimmer mit kleinem Balkon. Zur Ruhe kommen, das war angesagt. Doch vor lauter Ausruhen nachts nicht mehr wirklich schlafen können. Es war aber auch etliches an Erlebnissen zu Verarbeiten. Dafür war die Ruhe ein Geschenk; auch wenn ich über die Erkrankung am Pfingstwochenende nicht zur goldenen Konfirmation nach Hause fahren konnte. Die Freitestung kam erst am Sonntag-Morgen. Zu spät für eine Anreise in die Heimat, aber genau richtig, um nach dem Verarbeiten wieder in das pralle Leben zu gehen. Sehr lecker: Die erste Rindscurrywurst, die Beste im Ruhrpott, in Freiheit! Ein Geschmacksexplosion - man war die lecker. Anders als das meist doch trockene Brot in der Qurantäne. Im Grunde auch ein Geschenk, von mir an mich.

Das Geschenk der Muskelentspannung

Dank eines schönen Austauschs wusste Frau Zapfe-Nolte (sie hatte das Waldbaden und die Baummeditation angeleitet) um meinen Zustand und sendete mir per E-Mail eine geführte Reise zur Muskelentspannung. Prima, die vor dem Einschlafen durchzuführen – das wir gut, so meine Idee. Gesagt, getan. Nur: Ich war nachher so entspannt, dass ich überhaupt nicht mehr müde war. Hellwach, aber in tiefer Ruhe fast die ganze Nacht im Bett gelegen. Wichtig bei der Entspannungsreise war, mal wieder erst im Rückblick erkannt, die Wahrnehmung des ganzen Körpers und auch des Kopfes mit all seinen Regionen und Verspannungen. Gegen morgen schlief ich dann doch noch sanft ein.

Ein erstes Geschenk von mir - an mich

Hellwach nach dem Aufstehen! Aufmachen, Erfahrungen sammeln. Ab in den Wald!

 Du wirst mehr in den Wäldern erfahren
als in den Büchern.
Bäume und Steine werden Dich lehren,
was keine Lehrmeister dir zu hören gibt.

Bernhard von Clairvaux.

Ich hatte alles bisherig erlebte für mich in eine gute Struktur gebracht. So schenkte ich mir eine imaginäre Reise zu einem Baum und führte eine Baummeditation durch, so wie ich sie gelernt hatte. Da kam an einer bestimmten Stelle die Körperwahrnehmung ist Spiel, genauer gesagt der Hinterkopf. Da hatte ich einen guten Zugang durch die Meditation vom Vortag. Dunkler, schwerer Druck lastete dort. Viele alte Lasten und Prägungen hatte ich dort abgelagert und im Laufe der Zeit weiter angehäuft. Wie Sedimente im Meer. Mit Mühe konnte ich alles ablösen und dem Baum in der Meditation übergeben. Am Ende des kompletten Ablaufes konnte ich meine Tränen der Freude nicht mehr wirklich zurückhalten. In Kontakt mit innerer Weite, in Frieden. Kein Druck mehr, kein „Du musst“ und was sonst da noch alles lastete. Freiheit, ein erster Geschmack, durchwebt alles.

Die folgende Nacht, da habe ich wohlig wie ein Baby geschlafen. Aufgewacht voller Vorfreude auf den neuen Tag.

Ein zweites Geschenk von mir – wieder an mich

Wieder in freier Wildbahn; nach Corona: Sogleich den Baum aufsuchen, der so früh von einem Blitz getroffen wurde. Ihn hatte ich in der Führung zum Waldbaden entdeckt. Er hatte über so ungezählte Jahre aus innerer Stärke die Wunde selbst geheilt. Ist weiter zum Licht gewachsen ist. In all seiner ganzen Individualität.

ef

 

Ein mächtiger und weißer Baum ist er geworden. Tief verwurzelt im Boden. Gut vernetzt mit anderen Bäumen im Wald. Sanft wiegen seine Blätter im Wind, der noch kühlt. Es raschelt im Unterholz. Dann wieder Stille für einen Moment. In der Meditation dem Baum tatsächlich fragen, wie er diesen so frühen Schock verarbeitet hatte. Es gibt auch unser uns Menschen viele, die zum Teil in ihrem Leben sehr früh nicht nur seelische Schocks erlitten haben. Vielleicht kann der Baum mir seinen Rat geben. Vielleicht gilt der Rat ja auch für die anderen Menschen? Doch so weit dachte ich da im dem für mich heiligen Moment nicht. Wie lange habe ich da in der Stille gestanden? Ich weiß es nicht mehr. Unvermittelt taucht in mir eine Wahrheit auf: Auch mein innerster Wesenskern ist immer heil geblieben, ist heil und ich durch nichts zerstörbar. Was für eine Wucht diese tiefe Erkenntnis von Wahrheit. Sprachlos, im Nachfühlen bin ich etwas später wieder in meine Unterkunft gegangen. Eiliges Aufschreiben von Stichworten, Skizzen der Erfahrungen. Nachschwingen lassen des Erlebens. In Verbindung auch mit dem ersten Geschenk. Wahnsinn! Auch hier, in der zweiten Meditation ist die Stelle in meinem Körper, an der ich meinen frühen Schock gehalten hatte, völlig frei und weit. Dankbarkeit durchzieht mich. Frieden und innere Freiheit, ja das ist zutiefst möglich. Auch wenn wir immer daran arbeiten müssen und uns auch weiterentwickeln müssen. Leben ist Bewegung; geboren aus unsäglicher Schönheit und Stille. Aus Frieden.

Außen wie innen

Zum Abschluss der Erlebnistrilogie noch ein weiteres Erlebnis und ein paar Gedanken.

Wieder eine Runde bei tollem Sonnenschein durch den lichtdurchfluteten Laubwald walken. Grün in allen Schattierungen. Die Bäume: jeder ganz individuell und doch in Einheit mit dem ganzen Wald. Wie schön ist das denn. Doch mir fällt auf, dass ich unruhig bin. Im Geiste irgendwie nicht ganz dabei. Ich schaue in den Wald und sehe: Frieden – im Außen. Da kommt mir der Gedanke wieder in den Sinn: „Du kannst die Schönheit in der Welt nur erkennen, weil Du sie in dir selbst trägst.“ Das gilt auch für alles andere. Doch bei dem Gedanken an den Frieden, den ich gerade im Außen wahrnehme, auf mich Wirken lassen. Bis ich ihn auch tatsächlich in mir Spüre, mit all meinen Sinnen. Es ist ein unendlich tiefer Frieden, in den ich für eine Weile eintauche; in mir. Das Fühlen zulassen. Jenseits des stetigen Mahlstroms des Verstandes und der Gedanken. Stille werden. Auf der Reise zu meinem Ursprung. Quelle und Ziel.

 

„Unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in dir, Gott.“

 Augustin

 

 

Rüdiger Schaller 31.05.2023

Autor des Buches „In die Stille“         Neu: Jetzt auch als eBook 

Weitere Blogeinträge: Blog (perfectsounds.de)

  1. Danksagung
    Ein herzlicher Dank an Frau Dominique Zapfe-Nolte für ihren bewegenden und aufschlussreichen Vortrag über das Waldbaden sowie ihre zutiefst einfühlsamen Anleitungen auch bei der Baummeditation. 
  2. Zitat1)
    https//www.lebensmark.de
    Anke Jarzina